Sie übt eine unbeschreibliche Faszination aus: die südliche Polarregion. Wer den «weissen Kontinent» erlebt hat, wird die Antarktis-Sehnsucht nie mehr los…
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Zur Begrüssung eine Pinguin-Parade.

UPDATE 2020
Im Moment leidet die Kreuzfahrtbranche ganz extrem unter den Auswirkugen des Corona-Virus. Deshalb beteiligen wir uns gerne an Daniel Dorfers Spezialbeitrag auf seinem Fernwehblog.net. Daniel hat darum gebeten, zu seiner Blogparade «Meine beste Kreuzfahrt» einen Beitrag zu leisten, was wir sehr gerne machen. Schau doch dort mal vorbei und lasse Dich von anderen Bloggern ebenfalls auf die schönsten Erlebnisse zu Wasser einstimmen.

Unsere Antarktiskreuzfahrt ist zwar schon eine Weile her, aber sie war definitiv unsere schönste Schiffsreise, die wir je unternommen haben! Mit dieser Erfahrung haben wir uns ein Virus eingefangen, aber eines der guten Sorte: Das Antarktis-Virus ;-) Und wir haben seither auch ein grosses Ziel: Nochmals in die Antarktis reisen, aber diesmal inklusive Falkland und Southgeorgia. Doch jetzt erst mal viel Vergnügen mit unserem Reisebericht von damals.

Sie ist gross – etwa eineinhalbmal die Fläche Europas –, lebensfeindlich, menschenleer, kälter als Dein Tiefkühler zu Hause: die Antarktis, ein Naturwunder. Ein empfindliches allerdings. Das Wasserreservoir unserer Erde ist seiner Kälte wegen ein langsamer Organismus: Eine niedergetretene Moospflanze braucht zehn Jahre, um sich wieder aufzurichten. Abfall, von ehemaligen Walfang- und Forschungsstationen oder von Besuchern achtlos weggeworfen, überdauert ziemlich unverändert locker ein ganzes Menschenleben.

Antarktis wie im Kino

Eisberge, die einen geometrisch geformt wie ein Mega-Eiswürfel, die anderen bizarr mit Toren und Nischen, ziehen majestätisch vorbei. Die mit Kissen gepolsterten Stühle auf dem Bridge-Deck der «Explorer II» laden wie Kinosessel zum Verweilen und genussvollen Betrachten der einzigartigen Szenerie, die einfach kein Film sein will, sondern pure Realität.

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Nach der Drake-Passage präsentiert sich die Iceberg-Alley zu schönstem Wetter.

Die Sonne knallt vom Himmel, die Temperaturen im Windschatten sind sommerlich (ja wirklich!) – einfach unglaublich. Eine andere Welt. Und alles Bekannte liegt dank Drake-Passage und fast zweier Tage landloser Aussicht schon weit zurück. Zeit zum Träumen – Zeit, um den lästigen Alltagsballast abzuwerfen. Die Eisberge mögen ihn auf Nimmerwiedersehen einfrieren…

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Die Explorer II, unser schwimmendes Hotel, hat eine ideale Grösse.

Die Lautsprecheranlage holt die Träumerin zurück in die Wirklichkeit: «In 30 Minuten starten wir den ersten Landausflug in die Maxwell Bay!» Nichts wie los zum grossen Einpacken: rein in Skihosen, zwei Schichten Pullover, Anorak, Handschuhe, Mütze, warme Stiefel und die leidige Schwimmweste. Doch an der führt genauso wenig ein Weg vorbei wie am Pianisten Robin, der tagsüber zum Inspektor mutiert und jeden Gurt der Weste akribisch auf korrekten Sitz kontrolliert, bevor es ans Einsteigen ins Schlauchboot geht. Inzwischen sind Wolken aufgezogen, doch die See ist ruhig. Kein Problem also für uns Zodiak-Neulinge.

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An Bord lässt man es sich gut gehen – zu bester Aussicht bei Cuverville!

Landausfluge mit dem Zodiak

Erfolgreich wird die «nasse Anlandung» absolviert und der Weg zur chilenischen Forschungsstation Presidente Frei unter die schweren Stiefel genommen. Einer der Wissenschafter fungiert als Fremdenführer, um uns kurz darauf hinüber zur russischen Station Bellinghausen zu schicken. Der See-Elefant am Strand fasziniert mich aber mehr als das russische Gotteshaus oben am Hang. Wobei das weniger an der Kirche liegt als am beschwerlichen Weg dorthin: Ich habe mich noch nicht an mein Schuhwerk gewöhnt. Doch das kommt schon noch.

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Zu Gast in der argentinischen Forschungsstation Esperanza.
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Das war einmal ein Klo. Heutzutage ist diese Art der «Erleichterung» und insbesondere der Entsorgung nicht mehr geduldet.

Immerhin erreiche ich drei Tage später nach Ausflügen in der Hope Bay, auf Half Moon Island und Deception Island problemlos die Spitze des kleinen Berges, der sich hinter der Almirante Brown Station erhebt. Belohnt werde ich mit einer umwerfenden Aussicht auf eine Bucht mit Gletscherabbrüchen. Ein sonniges Bild in Blau und Weiss, akustisch untermalt vom Gezeter Tausender von Pinguinen.

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Ein süsser Adeli-Pinguin – Anfassen leider nicht erlaubt! Auch wenn er noch so nahe kommt.

Bei Pinguinen und Robben

Tags darauf, während des Besuches der britischen Station Port Lockroy, ist der Sonnenschein passé. Bleiern hängt der Himmel über dem nicht weniger dunkelgrauen Meer. Der Wind treibt uns «Rotbefrackte» zusammen mit eisigen Schneeflocken vor sich her. Wir sind froh, in die «Wärme» (sechs Grad) der Station flüchten zu können. Ein Andenkenladen, tapeziert mit Bildern von Pinguinen und Robben, und die musealen, aber bewohnten Räume sind die Highlights des Ausfluges. Während den Eselspinguinen, die unter der Hütte ihre Eier bebrüten, das Schneetreiben völlig egal ist, entfliehen wir der Unwirtlichkeit, die uns immerhin einen winzigen Eindruck davon vermittelt, wie es in der Antarktis wettern kann.

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Die Eselspinguin-Mama behütet und beschützt ihre beiden Jungen.

Nur Stunden später in der Thomas Cove ist alles vergessen. Wir kurven im Zodiak um Eisskulpturen herum, eine schöner als die andere, und entdecken Seeleoparden – Vorsicht, die beissen! – ….

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Ein Seeleopard wartet auf einer Eisscholle bis Beute sich Beute in der Nähe bemerkbar macht. Er ist der einzige bissige Antarktisbewohner.

und sanftmütige Krabbenfresserrobben, die sich gar nicht von Krabben ernähren, sondern von Krill.

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Ein Crabeater aalt sich auf seiner Eisscholle, im Hintergrund die Explorer II.

Jeden Abend wird der Tag rekapituliert und das Programm des nächsten Tages besprochen. Danach sind hervorragendes Nachtessen, Gespräche mit Mitreisenden, Aufenthalte an Deck mit zauberhaften Abendstimmungen und schliesslich ein Absacker an der Bar angesagt. Ein Mitreisender kann sich am goldroten Abendlicht nicht satt sehen und wandert noch nach Mitternacht ruhelos an Deck herum, mit jeder Pore aufsaugend, förmlich inhalierend, was ihn so unsagbar faszinierend dünkt.

Plötzlich sind die Eisberge weg, am Horizont verschwunden. Zwei Tage eis- und landlose Aussicht – und die «alte» Welt liegt wieder vor mir. Und schon macht sich leise eine Sehnsucht breit – nach dem «weissen Kontinent». Pinguine watscheln vor meinem geistigen Auge in Einerkolonne, Pelzrobben winken Adieu, Wale klatschen mit der Fluke ein Goodbye aufs Wasser – Stopp! Halt! Retour! Richtig übersetzt heisst das doch: Auf Wiedersehen!

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Das Ende der Welt in Ushuaia ist auf der Rückkehr der Anfang der Welt…

Infos zur Antarktis

ANREISE: Viele Kreuzfahrten starten in Buenos Aires oder Ushuaia. In der Pauschalreise sind die entsprechenden Flüge inbegriffen.

BESTE REISEZEIT: Von Dezember bis März ist Sommer in der Antarktis und das Klima angenehm.

SCHIFFE: Alles über die Schiffe, die Routen, Anzahl Passagiere usw. erfährst Du im Reisebüro, das auch die Spezialisten für Polarkreuzfahrten kennt. In unserem Beitrag «Jedem sein Polarschiff» (siehe Link zuunterst) verraten wir, weshalb es sich lohnt, auf ein kleineres Schiff zu setzen.

© Text & Fotos: Inge Jucker | TravelExperience.ch | 2013 | 2020 aufdatiert

Schwarmwissen und Erlebnisse anderer Blogger

Welche tierischen Erlebnisse Reni und Marcel von Swiss Nomads auf ihrer Antarktis-Reise geniessen durften, haben sie im Beitrag «Die atemberaubende Tierwelt der Antarktis» beschrieben und fotografisch festgehalten. Viel Freude beim Schauen und Lesen!

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