Die grüne Insel Terceira ist eine wahre Wundertüte voller Kühe und Überraschungen. Wer den Ort besucht, wo das Azorenhoch seine Wiege hat, sollte unbedingt auch einen Stopp auf der drittgrössten Insel der Azoren einplanen.
Terceira
Tercerira: Der Blick vom Kraterrand am Serra do Cume erinnert an einen Flickenteppich.

Die Vulkaninsel sieht aus wie ein Flickenteppich und leuchtet in allen Grüntönen. Die Häuser, die das Grün durchbrechen, bilden weisse Flecken, die Kühe kleine schwarz-weisse Tupfer und die Mäuerchen durchziehen das Bild wie ein feines Gitternetz. Gegen das Meer hin scheinen die Felder in sanften Wellen davonzuschwimmen. Genau so muss bei der Entstehung des Kraters die Lava in den Atlantik geflossen sein. Vom Aussichtspunkt auf dem Kraterrand aus geniessen wir den Anblick und sind tief beeindruckt von der Azoreninsel Terceira.

Inseltour mit Guide

Eben landeten wir auf dem Flughafen von Lajes, von São Miguel herkommend, der Hauptinsel der portugiesischen Inselgruppe. Thomas, ein vor vielen Jahren auf Terceira hängen gebliebener Deutscher, erklärt, weshalb der Flughafen des Eilandes eine derart überdimensionierte vier Kilometer lange Landebahn hat: wegen der Amerikaner. Sie betreiben auf Terceira seit 1913 einen Stützpunkt. Von den ursprünglich 1500 US-Soldaten wachen aber nur noch 600 auf der Insel.

Terceira, Sao Seabastiao, Heiliggeisthaeuschen
In São Sebastião steht das wohl schönste Heiliggeisthäuschen.

Mehr Kühe als Einwohner

Die Azoreaner haben sich seit je mehr nach Westen denn nach Europa orientiert. Kaum einer, der keine Verwandten in Amerika hat. Die Insulaner aus armen Verhältnissen suchten ihr Glück jenseits des Grossen Teichs. Wer hier geblieben ist, lebt hauptsächlich von der Vieh- und Milchwirtschaft. Die Rinder sorgen für ein gesichertes Einkommen, denn für jede Kuh gibt es einen Zuschuss vom Staat. Deshalb kommen auf jeden der 60’000 Einwohner Terceiras zwei Kühe.

Praia da Vitoria
Der Strand von Praia da Vitória – man möchte am liebsten gleich ins Wasser springen…

Wir besuchen Praia da Vitória, das einen Sandstrand und eine kleine Fussgängerzone mit Boutiquen aufweist. Das Städtchen ist picobello geputzt. Wen wundert es – schliesslich kommt auf der Insel jeden Tag die Müllabfuhr!

Terceira, Praia da Vitoria
Der Hauptplatz von Praia da Vitória.

Aussicht vom Monte Brasil

Traumhafte Ausblicke verspricht nicht nur der Kraterrand, sondern auch der Monte Brasil in Angra do Heroísmo. Von hier hat man eine tolle Aussicht auf die Insel und auf die älteste Stadt der Azoren. Nach dem verheerenden Erdbeben 1614 wurde Angra auf dem Reissbrett angelegt und im Renaissancestil neu aufgebaut.

Terceira, Monte Brazil
Vom Monte Brasil schauen wir gen Westen – nächstes Festland ist Amerika.

Am 1.1.1980 zerstörte ein weiteres Erdbeben 80 Prozent der Stadt. Heute beeindruckt sie durch elegante Paläste, Herrenhäuser und alte Kloster, die allesamt zum Unesco-Weltkulturerbe zählen. Das Fort auf dem Monte Brasil ist übrigens das grösste Portugals, wurde von Spaniern erbaut und nie eingenommen.

Terceira, Monte Brasil
Vom Monte Brasil geniesst man die Aussicht auf Angra do Heroísmo.

In Biscoitos vergisst man die Zeit

Terceira ist eine Insel voller Verlockungen: zum Beispiel das Naturschwimmbad von Biscoitos. Das Meer speist das in die löchrige, biskuitartige Lava gehauene Becken. Der Schwimmer ist bestens geschützt vor der Brandung, sieht nur Lava und das klare, blaue Meer und fühlt sich wie in einem Traum. Man sollte Zeit und Raum aber nicht vergessen, sondern nach dem nassen Vergnügen weiterziehen zum Weingut von Biscoitos.

Terceira, Biscoitos, Pool
Die Naturpools von Biscoitos werden bei Flut vom Meer gespiesen.
Terceira, Biscoitos
In den Naturpools ist das Wasser Dank der Sonne etwas wärmer.

Kleines, feines Weingut

Luis Mendes Brum, Weinbauer und Begründer des Weinmuseums, arbeitet mit Hingabe in dritter Generation in der Casa Brum. Er ist von der Entwicklung im Weinbau tief enttäuscht. Weil die Weingegend zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, bekommen die Weinbauern Zuschüsse.

Terceira, Luis Mendes Brum
Luis Mendes Brum steckt Herzblut in seine Weine.

Aber die Kollegen würden die Arbeit nicht mehr richtig machen, ärgert sich Brum. Das Pflegen der flach wachsenden Reben und die Ernte zwingen die Winzer zu einer gebückten Haltung. «So will heute niemand mehr arbeiten», erzählt Brum, «selbst meine Söhne nicht.» So sieht er keine Fortsetzung seines Wirkens, weder im Museum noch in den Weinfeldern. Dabei schmecken Brums Weine ausgezeichnet, sie runden das überraschende Erlebnis Terceira ab.

Terceira, Biscoitos, Weinmuseum
Von Steinmäuerchen geschützt gedeihen die flach am Boden wachsenden Reben.

Zum Schluss – und meinem Abschied von Terceira – aus dem Flugzeug nochmals ein Blick zurück auf den «Flickenteppich» im Abendlicht. Terceira – ich komme wieder!

Terceira
Terceira von oben im Abendlicht.

Infos zur Azoreninsel Terceira

ANREISE
Mit der portugiesischen Airline TAP über Lissabon nach São Miguel. Terceira und weitere Azoreninseln sind mit Sata Airline oder Fähren erreichbar.

UNTERKUNFT
Quinta do Martelo
Canada do Martelo 24
Cantinho, São Mateus
www.quintadomartelo.net
Wohnen im Museum auf Terceira… Das haben wir im separaten Beitrag über die Quinta do Martelo beschrieben.

Terceira, Quinta do Martelo
So sieht die originelle Rezeption in der Quinta do Martelo.

ATTRAKTIONEN
Algar do Carvão
Der Vulkankegel, aus dem sich der beeindruckende und begehbare Schornstein aus Basaltgestein erhebt, befindet sich ziemlich genau in der Mitte von Terceira.
www.exploreterceira.com

Terceira, Algar,
Im alten Vulkanschlot Algar muss man fit für Treppen sein, aber die Mühe lohnt sich.

Casa Agrícola Brum
Canada Do Caldeiro
Biscoitos
https://www.facebook.com/casa.agricola.brum/
Der Weinkeller wie auch das Weinmuseum werden von Luis Mendes Brum mit viel Herzblut geführt.

INSELFÜHRER
Unser versierte und sehr unterhaltsame Guide Thomas hat im Corona-Jahr 2020 bedauerlicher seinen Job als Inselführer aufgegeben – gezwungenermassen. Deshalb können wir leider keinen Inselguide mehr empfehlen. www.visitazores.com ist aber bestimmt eine gute Anlaufstelle, um einen Inselguide zu finden.

© Text & Fotos: Inge Jucker | TravelExperience.ch | aktualisiert: 2020

Offenlegung: Die Reise wurde unterstützt von Travelhouse.

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