Wie das Kameha Grand Zürich zu seinem Design kam und was sich Künstler Wanders dabei gedacht hat. Eine Vorschau und ein Interview.
Kameha Grand Zürich
So wird die Lobby/Reception des Kameha Grand Zürich aussehen. Unverkennbar die Glocken, ein Markenzeichen von Marcel Wanders, die hier als Lampen dienen.

Schon oft habe ich mir Gedanken gemacht, wie denn wohl ein Hotel aussehen würde, wenn es nach meinen Vorstellungen gebaut und eingerichtet würde… Diese Luftschlösser baue ich immer, wenn in einem Hotelzimmer essenzielle Dinge fehlen und ich mir wünsche, den Designer einen Monat lang in dieses Zimmer einsperren zu können.

Wanders‘ Hoteldesign

Dass Marcel Wanders das Hoteldesign beherrscht, steht für mich ausser Frage. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, den niederländischen Designer anlässlich der Grundsteinlegung des Kameha Grand Hotel Zürich im Glattpark Opfikon zu treffen. Er ist für das Design des Hotels zuständig, das Ende Februar 2015 seine Tore öffnet.

Kameha Grand Zürich, Marcel Wanders
Marcel Wanders, der niederländische Designer mit viel Gespür und Humor.

Es ist nicht das erste Hotel, das aus «seiner Feder» stammt und wird wohl auch nicht das letzte sein. Doch auch Wohn- und Lifestyle-Accessoires tragen sein Design, von der Puderdose bis zum Rollkoffer. Auf Marcel Wanders’ Homepage könnte ich mich stundenlang vergnügen… Mir gefällt nicht nur die Eleganz, sondern auch der Schuss Humor, der da und dort aufblitzt…

Interview mit Marcel Wanders

Der 51-Jährige konnte während gut 25 Jahren mehr als 1700 Design-Entwürfe realisieren.

TravelExperience: Wie oft waren Sie wegen des Designs des neuen Kameha Grand in der Schweiz?
MARCEL WANDERS: Ich habe mich etwa sieben oder acht Mal in der Schweiz aufgehalten. Aber ich war nicht in allen Regionen.

Wie muss denn in Ihren Augen ein Hotel sein?
Hotels haben keine Füsse, sie können sich nicht bewegen und bleiben an Ort und Stelle. Wenn du in Zürich in ein Hotel gehst dann öffnest du die Tür und du weisst, du bist in Zürich. Das ist nicht Moskau, das ist nicht Las Vegas. Nein, das ist Zürich. Und du willst dich in Zürich fühlen. Wir müssen also etwas finden das zwar international ist, denn du bist ja ein Reisender, du bist international. Aber wir wollen auch authentisch sein, so dass du dich zuhause fühlst. Das kann man mit kleinen Dingen erreichen.

Kameha Grand Zürich
Das Look&Feel der Cigar Lounge im Kameha Grand Zürich.

Wie machen Sie das?
Es sind die kulturellen Elemente, die wir verwenden können. Wir machen das aber anders als Touristen. Und einfach Clogs oder Käse in einem Amsterdamer Hotel zu platzieren – das ist es auch nicht. Aber diese Elemente nicht zu verwenden, das wäre ebenfalls falsch. Also beleben wir diese Elemente und arbeiten mit ihnen auf eine kreative Art und Weise. Zuerst sehen wir uns die Kultur an, wir schauen wie die Menschen hier leben. Da sind viele typische Dinge: Uhren, Geld, Schokolade… Wenn du diese Dinge verwendest, wirst du ein ganz normales touristisches Hotel haben. Also habe ich angefangen mit diesen Elementen zu spielen.

An der Beerdigung meines Onkels sagte jemand, die Tradition sei nicht die Verbrennung zu zelebrieren, sondern das brennende Feuer weiterzugeben. Das ist ein sehr schönes Sinnbild. Man soll nicht nur sehen was ist, sondern man muss verstehen, was daran so grossartig ist. So ist es auch mit diesen Elementen, die wir wieder beleben, ihnen einen neuen Lebenssinn geben. Das ist das, was wir mit kultigen Elementen immer machen. Wir beleben sie und machen sie beispielsweise übergross. Einfach eine Glocke an die Wand zu hängen, bringt nichts. Anders, wenn sie riesig ist und beispielsweise als Lampe über einem Tisch in der Lobby hängt.

Kuhglocken und Schweiz, das verträgt sich ja gut. Aber Glocken ziehen sich durch all ihre Hoteldesigns. Weshalb?
Glocken sind ein wichtiges Element, nicht nur für die Schweiz, sondern international. Eine Glocke steht für die Ankunft. Die Glocke an der Rezeption bringt Leute zusammen, die Tischglocke, die Kirchenglocke ebenfalls… Deshalb verwende ich Glocken international in allen Hotels. Als Lampe beispielsweise.

Kameha Grand Zürich
Ein Tellerdach im Restaurant…

Das Zuhause scheint für Sie ebenfalls ein wichtiges Element zu sein…
Das ist eine etwas schwierige Angelegenheit. Für lange Zeit bin ich sehr viel gereist und mein Familienleben war nicht sehr typisch. Es war schwierig, weil ich so viel unterwegs war. Dennoch berate ich Leute, wie sie wohnen oder Hotels einrichten sollen. In den letzten Jahren habe ich aber mein Verhalten ein wenig studiert. Viele sagen ja, ein Hotel soll wie ein Zuhause weit weg von Zuhause sein. Das ist eine typische Denkweise, daheim entspanne ich mich, ich schaue fern, rede mit meiner Frau, spiele mit den Kindern… Aber im Hotel mache ich das alles nicht. Da bin ich ein Gast, da möchte ich bedient werden, ich bin aufgeregt, begeistert, möchte ausgehen, die Stadt erkunden und ganz sicher nicht das gleiche Leben wie zu Hause führen.

Klar, es gibt Leute die mögen es unaufgeregt und ganz wie zu Hause. Das ist okay und für sie gibt es ja auch ganz viele Hotels. Aber wir machen Hotels für Leute, denen es gefällt, sich an einem anderen, vielleicht unbekannten Ort aufzuhalten. Das ist der Moment, das ist Zürich und das ist nicht Zuhause! Zuhause ist wundervoll, aber hier ist es auf eine andere Art toll. Da fehlen zwar die Familie, die Kinder, der dumme Nachbar, der reklamiert… Es ist niemals so gut wie zu Hause, denn es ist völlig anders. Aber auch das kann gut, ja sogar noch besser sein…!

Kameha Grand Zürich
Schokoladetafeln, Toblerone-Design, Tresorverschlüsse und Alpenländisches zieren die Suiten im Kameha Grand Zürich.

Testen Sie die Hotelzimmer, die Sie entwerfen?
Ja ich teste sie immer. Auch wenn ich sie schon gesehen habe. Denn ich zeichne was ich sehe. Ich sehe den Raum zuerst vor meinem inneren Auge, dann zeichne ich – also war ich eigentlich schon im Zimmer. Es bringt mir viel, die Dinge auszuprobieren, mehr über sie zu erfahren. Ich versuche auch immer, die Räume, die ich entworfen habe, zu nutzen oder eben zweckzuentfremden – egal ob es sich dabei um ein Hotelzimmer, ein Restaurant oder eine Toilette handelt. Es geht auch darum, aufzudecken, wenn etwas nicht stimmt.

Wie hat sich Hoteldesign in den letzten Jahren verändert?
Ich designe Hotels seit etwa sechs Jahren. Fertig und abgeschlossen sind erst die Hotels in Miami, Bonn und Amsterdam. Zwei Projekte wurden krisenbedingt annulliert, doch ich arbeite noch an einigen anderen Hotels. Das ist alles, was wir bis jetzt gemacht haben. Ich kann nicht sagen, ob sich viel verändert hat, denn ich habe unterschiedliche Kunden mit unterschiedlichen Absichten. Während der Zusammenarbeit erfahren sie etwas über mich und ich über sie. Die Dinge ändern sich, und so haben wir auch Sachen realisiert, die vor ein paar Jahren gar nicht möglich gewesen wären. Ich denke, das hat mehr mit mir und meinen Kunden zu tun.

Design Marcel Wanders
Und so schön sieht eine Puderdose aus, die Marcel Wanders für Cosme Decorte entworfen hat.

Welches ist Ihre stärkste Motivation, Dinge zu designen?
Wenn Sie in einem so weiten Rahmen fragen, ist der ultimative Grund für meine Tätigkeit als Designer, der Wunsch, mit Menschen in Beziehung zu stehen, mit ihnen in Kontakt zu sein und geliebt zu werden.

Und damit endete das Interview relativ abrupt, denn die Grundsteinlegung für das Kameha Grand Zürich ging in seine wichtigste Phase…

Nun, das war letztes Jahr und jetzt dauert es nur noch wenige Wochen bis zur Eröffnung. Ich bin sicher, das Kameha Grand Zürich wird unter den Hotels in der Zürcher Agglomeration einen speziellen Platz einnehmen – das gilt für Fans von Marcel Wanders Design erst recht.

Infos zum Kameha Grand Zürich

Kameha Grand Zürich
Dufaux-Strasse 1/Ecke Thurgauerstrasse
CH-8152 Glattpark/Zürich
Tel. +41 44 525 50 00
www.kamehagrandzuerich.com

Marcel Wanders
www.marcelwanders.com
www.artsy.net/artist/marcel-wanders

© Text: Inge Jucker | TravelExperience.ch
© Fotos: Kameha Grand Zürich bzw. Ernst Olaf