Nach den ersten Reiseerlebnissen während der Corona-Pandemie in der Schweiz, in Österreich und Italien von Mitte Juni bis Anfang Juli kommt hier mein Erfahrungsbericht zu Hotels, Restaurants und Öffentlichem Verkehr. Er dürfte überraschen…
Corona, Viran, Daumen hoch, Daumen runter, Virus
Top oder flop? Reisen ist zu Corona-Zeiten nicht ganz unbeschwert…

Dass die Corona-Vorsichtsmassnahmen in den drei Ländern unterschiedlich ausfallen würden, damit habe ich schon gerechnet, aber ich bin mit meinen Erwartungen dennoch total daneben gelegen: Die Schweiz ist – sehr unerwartet – eher ein Flop, dafür Italien top!

Genf fällt gemischt aus

Mitte Juni führte uns die erste «Reise mit Corona» nach Genf. Wir haben unseren Wagen genommen, denn auf ÖV hatten wir keine Lust, weil die Maskenpflicht damals noch nicht eingeführt war. Dass Empfehlungen nicht viel bewirken, haben wir schon im Zürcher ÖV festgestellt… Der Aufenthalt im Genfer Hotel Bristol hat aber nichts zu wünschen übriggelassen. Gepäckträger mit Maske, Rezeptionist hinter Plexiglas, der Apéro an der Bar wird mit Maske serviert, genauso das Frühstück am nächsten Morgen. Büfett gibt es keines – wegen Corona. Hier ist alles vorbildlich. Chapeau!

Doch in Genfer Trams und Bussen (logisch!), in den Shops und Restaurants sind Nasen-Mund-Schütze durchwegs Fehlanzeige. Wo wir auch gegessen haben – alles maskenfrei aufgetischt. Desinfektionsmittel stand zwar meistens im Eingangsbereich, aber auf den Toiletten habe ich die Pumpflasche fast überall vermisst. Inzwischen hat sich das bestimmt geändert, denn die Genfer haben heute härtere Regeln.

Wallis und Berner Oberland – ungenügend

Unsere Heimreise gestalten wir mit Umwegen übers Wallis und das Berner Oberland. Noch am Genfersee geniessen wir ein Mittagessen, das natürlich ohne Maske aufgetischt wird. Im Hotel in einem Walliser Bergtal sind ebenfalls alle maskenlos unterwegs, selbst am Frühstücksbüfett. Im Bergbähnli mit Platz für vier Leute hätte eine Maske nicht geschadet. Im Berner Oberland ist die Gondel etwas grösser, aber kaum einer der Passagiere trägt – trotz unmöglich einzuhaltendem Abstand von damals noch zwei Metern – eine Maske. Wir schon. Im Hotel in der gleichen Talschaft: Keine Maske weit und breit – auch für den Gang zum Büfett nicht. (Die Situation in den Bergbahnen hat sich inzwischen wegen der eingeführten Maskenpflicht im ÖV natürlich grundlegend geändert: In den letzten Tagen habe ich auf allen benützten Bergbahnen nur Menschen mit Maske angetroffen.) Als ich zu Hause ankomme, bin ich total ernüchtert und enttäuscht. Hat man in «meiner» doch eigentlich so tollen Schweiz schon von Achtsamkeit gehört? Aber es kommt noch besser…

Tiroler Alpen – irgendwie gnadenlos

Im Tiroler Hotel werde ich mit Handschlag und den Worten begrüsst: «Wir haben hier kein Corona, Sie müssen sich nicht sorgen!» Betretenes Schweigen meinerseits und unauffälliger Griff zum Desinfektionsmittelfläschchen. Draussen feiert eine grosse Gesellschaft, lauter Einheimische, für die das Virus wohl tatsächlich nicht existiert. Auf der Alm gibt es gar eine Umarmung zum Abschied, dazu der fröhliche Kommentar: «Das musste jetzt einfach sein.» Hmmm… Echt? In den Bergbahnen herrscht aber Maskenpflicht.

Eine Etappe weiter, ebenfalls in Tirol, steht im Hoteleingang und an der Rezeption ein Desinfektionsmittelspender. Das war’s dann schon mit sichtbarem Coronaschutz. Service ohne Mund-Nasen-Schutz, das Büfett frei zugänglich. In den Bergbahnen werden Masken getragen, ebenso in den Läden.

Südtirol ist top!

Nach Hause fahren wir über das Südtirol. Zunächst ist die Gefühlslage etwas gemischt, denn die verstörenden Bilder von italienischen Intensivstationen sind noch sehr präsent. Beim Eintreffen im Hotel Hohenwart entspannt sich die Lage: Rezeption mit Plexiglasscheiben, Angestellte, die mit Gästen zu tun haben, tragen alle Maske. Auf dem Zimmer liegen ein Fläschchen Desinfektionsmittel und ein Schlauchtuch, das man verwenden kann, falls keine Maske zur Hand ist. Wir werden gefragt, ob das Zimmermädchen ins Zimmer darf? Ja. Darf es. «Dann bitten wir Sie, beim morgendlichen Verlassen des Zimmers alle Fenster zu öffnen, damit das Zimmer gut gelüftet ist.» Machen wir gerne. Im Restaurant wird bei schönem Wetter draussen und mit Abstand aufgetischt. Ans Frühstücksbüfett darf nur, wer eine Maske trägt (oder das Schlauchtuch). Und immer mal wieder wuselt jemand vorbei, desinfiziert da und dort Flächen, die berührt werden, beispielsweise Treppengeländer und Lifttastaturen. Ich bin platt. So viel Sorgfalt und Rücksichtnahme – und überall gute Laune! Auch unter den Gästen, verständlicherweise.

Beim Einkaufen in der Südtiroler Stadt lerne ich sehr schnell von den Italienern, die in den Läden überall Masken aufsetzen und diese beim Verlassen des Geschäfts über den Unterarm streifen. So ist die Maske sofort zur Hand, wenn man in den nächsten Laden geht, und man berührt sie nur an den Bändern. In der Schweiz habe ich Leute gehört, die sich über die Maske-am-Arm-Träger lustig gemacht haben. Aber so dumm finde ich diese Idee gar nicht. Da man als achtsamer Mensch Abstand hält, läuft man auch nicht Gefahr, mit einer – allenfalls – kontaminierten Maske am Arm jemanden zu berühren. Und auf verantwortungslose Rüpel muss ich ja nicht Rücksicht nehmen.

Mein Fazit

Meine Italien-Erfahrung war so gut – und ich hoffe inständig, dass das dort auch andernorts so ist –, dass ich gerne und unbesorgt wieder nach Italien reisen werde. Den Berglern muss ich offenbar irgendwie nachsehen, dass aus ihrer Sicht das Coronavirus weit weg und vor allem nicht in ihrem Tal ist. Komme was wolle, nur nicht das Virus…! Tja, und zu meiner grossen Enttäuschung: mit der urbanen Schweiz muss ich mich auch irgendwie arrangieren. Restaurant-Angestellte, die über unbedeckten Tellern und maskenlos sprechen und lachen (und husten), sind in meinen Augen ein absolutes No Go!

Und wie reisen wir in naher Zukunft?

Vermutlich bleibt uns das Maskentragen noch ein wenig erhalten. Also auch in Bahn, Bus und Flugzeug. Wer keine Lust hat, stundenlang im Flugzeug eine Maske zu tragen, wird auf Velo und Auto umsteigen – womit der Bewegungsradius für Ferien natürlich eingeschränkt wird.

Ich habe mich schon mal darauf eingestellt, dass grosse Reisen dieses Jahr nicht mehr stattfinden – auch wenn das mir, dem Tourismus und der Reisebranche gar nicht gefällt. Russland, Alaska und vielleicht auch Spanien müssen mindestens bis 2021 warten. Denn Reisen bedeutet für mich Freiheit, von Alltagslasten losgelöst die Welt erkunden. Das stelle ich mir allerdings etwas schwierig vor, wenn ich (als Asthmatikerin) sogar draussen an der frischen Luft eine Maske tragen muss, wie das derzeit in einigen Ländern Pflicht ist. Da hört der Spass einfach auf! Dann doch lieber kleinere Kreise ziehen und diese in relativer Sicherheit geniessen.

In diesem Sinne: Bitte bleib gesund!