Die letzte Strecke unserer Reise mit der MS Vesterålen führt über die Vesterålen-Inseln in die Heimat von Hurtigruten. Ausserdem handelt die Geschichte von Frauenpower, Schneegestöber und Braunkäse.
Hurtigruten, Postschiff, Trollfjorden
Spektakulär: Trollfjorden – aber leider im Winter nicht befahrbar.

Wir haben Hammerfest verlassen, sind in Øksfjord und Skjervøy für kurze Zeit im Hafen gelegen und kommen knapp vor Mitternacht in Tromsø an. Das Mitternachtskonzert lassen wir allerdings sausen, damit wir genügend Schlaf bekommen. Denn wir haben uns entschlossen, den Weg von Harstad nach Sortland auf dem Landweg zu unternehmen und der Bus startet schon recht früh am nächsten Morgen.

Inselwelt der Vesterålen

Wie könnte es anders sein: Am Himmel wälzen sich schon wieder schwarze Wolken… So what! Wir wollen auf diesem Ausflug die Vesterålen-Inseln entdecken – egal, was Petrus davon hält. Wir sind wetterfest und unser Busfahrer schneeerprobt. Trondenes, unser erstes Ziel, liegt im Norden von Harstad.

Trondenes, Kirche
Die mittelalterliche Steinkirche von Trondenes ist von einer Mauer umgeben, die einst zur Abwehr errichtet wurde.

Gerade als wir die Kirche von Trondenes betreten, fängt es an zu schneien. Beim Anblick des Kircheninneren vergessen wir das Wetter schnell. Ganz früher stand hier vermutlich eine kleine, hölzerne Bauernkirche, die ab dem 11. Jahrhundert immer weiter ausgebaut wurde. Ihre heutige Form hat sie seit ca. 1440. Im Laufe der letzten 600 Jahre hat die steinerne Kirche diverse Restaurationen erlebt, doch von den ersten Ausschmückungen und Einrichtungen ist leider nicht viel erhalten geblieben.

Trondenes, Kirche, Altare
Von den drei Altären ist insbesondere der Hauptaltar zu beachten: Es sind hauptsächlich Frauenfiguren zu sehen.

Trondenes – Frauenpower in der Kirche

Im Chorraum stehen drei Altäre, die vermutlich aus Deutschland stammen. Der mittlere, der Hauptaltar aus dem Jahr 1460, ist der älteste. Speziell an ihm ist, dass die Hauptfigur, die Jungfrau Maria mit Kind, von ihren weiblichen Verwandten umgeben ist. Die Dominanz von Frauen in einem Altarbild ist einzigartig. Auch in den beiden Seitenaltären sind viele Frauenfiguren zu sehen.

Trondenes, Kirche
Ich hätte nicht gedacht, dass wir auf unserer Reise auch noch eine Predigt zu hören bekommen. Sehr schön gemacht und stimmig an diesem Schneetag.

Der Pfarrer, der uns hier seine Aufwartung macht, predigt nicht von der Kanzel, die aus dem Jahr 1752 stammt, sondern postiert sich vor dem Chor und erzählt auch über die Kirche, die von aussen ein wenig an eine Festung erinnert. Die Mauer auf der Meerseite sollte wohl Abwehrkraft zeigen und vermitteln, dass der Ort schwer einzunehmen sei. Obwohl die Mauer längst nicht so mächtig ist, wie sie vom Meer aus ausschaut. Hier wurde erfolgreich gegen die Piraten geblufft.

Kreuz, Schwert und Braunkäse

Gegenüber der Mittelalterkirche liegt das Trondenes Historiske Senter, ein Museum, das sich um das Leben über dem Polarkreis dreht. Die Ausstellungen und Multimedia-Shows führen «mit Kreuz und Schwert durch Norwegens Geschichte», von der Wikingerzeit bis in heutige Tage. Interessant und bei dem Huddelwetter draussen die richtige Alternative. Im Souvenirshop gibt es übrigens sehr schöne, wertige Andenken.

Trondenes, Historisches Zentrum
Das moderne Historische Center von Trondenes versinkt fast im Schnee.
Trondenes, Historisches Zentrum
Im Trondenes Historiska Senter ist dieses Zelt aus Seehundfell ausgestellt.
Vik, Hurtigurten, Ausflug
Die Ortschaft Vik ist vor lauter Schneegestöber fast nicht zu erkennen.

Die Fahrt geht weiter über die Insel Hinnøya, die sich im Schneegestöber mehrheitlich in nebligem Weiss zeigt. Mit der Fähre geht es über den Gullesfjord und kurz danach halten wir gefühlt im Nirgendwo.

Fähre, Refnes
Die Fähre nach Refnes hat den Weg in ihren Bauch schon geöffnet.
Fähre, Refnes
Unser Hurtigruten-Bus auf der Fähre.
Viltkroa Butikk
Auch die Viltkroa Butikk ziert sich mit jeder Menge Schneeflocken.

Viltkroa Butikk heisst das Ziel, und hier kommen wir in den Genuss einer Käsespezialität: Braunkäse. Er schmeckt sehr speziell, leicht süsslich… Man mag ihn oder verabscheut ihn. Dazwischen gibt es wohl nichts. Wer ihn gern hat, kann ihn in der Butikk vakuumverpackt kaufen. Wir lassen das bleiben, denn auf der Vesterålen habe ich den Käse auch schon auf dem Büfett gesehen. Ich wusste einfach nicht, was es war…

Viltkroa Butikk, Braunkäse, Verkostung
Braunkäse auf Waffeln – wir verkosten diese norwegische Spezialität mit gemischten Gefühlen.
Sortland, Brücke
Diese Brücke führt hinüber nach Sortland, wo die MS Vesterålen inzwischen auch eingetroffen ist.

Wir erreichen Sortland, das Verwaltungszentrum der Vesterålen-Inseln. Im Hafen wartet schon unser Schiff, das wir nach nur kurzer Fahrt in Stokmarknes wieder verlassen.

Das Zuhause von Hurtigruten

Wer mit Hurtigruten reist, muss sich natürlich auch das Hurtigruten-Museum anschauen, erst recht aber, wer mit der Vesterålen unterwegs ist. Stokmarknes ist quasi das Zuhause der Reederei, denn hier wurde 1881 von Richard With, dem «Vater» und späteren Direktor der Hurtigruten, die Vesterålen Dampskibsselskab gegründet. Im dreistöckigen Museum kann man tief in die Geschichte der legendären Reederei eintauchen.

Hurtigruten-Museum
Im Hurtigruten-Museum geht Hier und Jetzt fast nahtlos in die Vergangenheit auf einem der Hurtigruten-Schiffe über.
Hurtigruten Museum
Die Nachbildung einer Brücke samt Kapitän.
Hurtigruten Museum
Auch hier hat Vergangenes einen Auftritt in der Gegenwart.

Trollfjorden – ganz ohne Trolle

Von Stokmarknes nehmen wir Kurs auf den Raftsund, der zwischen den steilwandigen Lofoteninseln Hinnøya und Austvågøya verläuft. Wir erreichen den Trollfjord, einen spektakulären Streckenabschnitt – und können nicht hineinfahren!

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Wir nähern uns Trolljorden und die Eisscherben auf dem Wasser zaubern ein vergängliches Bild.
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Wir mussten uns warm anziehen, aber auf den Anblick des Eingangs zum Trollfjorden wollte kaum jemand verzichten.
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Prächtiger Trollfjorden! Wäre cool gewesen, zwischen diesen steilen Wänden reinzufahren… Geht aber nur von Frühling bis Herbst.

Der Fjord ist stellenweise nur 100 Meter breit und von den steilen Wänden könnten Lawinen abgehen… Das ist einer der wenigen Nachteile, wenn man im Winter an Norwegens Küste unterwegs ist. Aber immerhin bekommen wir einen Eindruck vom Trollfjord.

Immer weiter südwärts

Wir machen noch in Svolvær und Stamsund Halt, dann fallen wir überwältigt von den vielen Eindrücken in unsere Betten. Während der Nacht stoppen wir Bodø, von dem ich mal wieder gar nichts mitbekomme.

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Aus der Ferne grüsst der Globus, der den Polarkreis markiert.
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Wir nähern uns der Stadt Brønnøysund.

Gegen sieben halten wir in Ørnes, später in Nesna, Sandnessjøen, Brønnøysund und Rørvik. Schwupps ist ein Tag vorbei, an dem wir nicht einen Fuss an Land gesetzt und ausserdem die Arktis wieder verlassen haben.

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Dieses Häuschen am Wasser in Brønnøysund würde uns noch gefallen…
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Der Berg Torghatten hat ein Loch. Entdeckst Du es?

Auch am nächsten Tag bringen wir Seemeilen hinter uns: Wir halten nur in Trondheim (morgens um 6:30 Uhr), Kristiansund (16:30 Uhr für eine Halbestunde) und Molde (21 Uhr für 30 Minuten). Wir verbringen die Zeit auf dem Panoramadeck, geniessen die Landschaften, unsere Krimis und sind einfach ein wenig faul. Darf ja auch mal sein. Nur zum Fotografieren und fürs Gruppenfoto haben wir uns aufs Sonnendeck begeben.

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Das Gruppenfoto aller Mitreisenden und der Crew. Natürlich wurde es auch in unserem personalisierten «Logbuch» integriert. Ein wirklich lohnenswertes Erinnerungsstück, das den Preis wert ist.
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Kristiansund schält sich gerade aus dem Nebel.
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Die Landschaft in der Nähe von Ålesund – irgendwie lieblich, so überzuckert.

Die letzte Etappe

Kurz nach Mitternacht verschlafe ich den Halt in Ålesund und auch nach 5 Uhr jenen in Måløy. In Florø kommen wir in die Gänge und machen uns ans Frühstücksbüffet. Um 14:30 Uhr machen wir in Bergen fest und die so lange ersehnte Traumreise – manche sagen, es sei die schönste Seereise der Welt – ist zu Ende.

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In der Nähe von Florø sieht es nicht mehr so winterlich aus.
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Ein Mini-Leuchtturm bei Florø warnt vor Untiefen in den Schären.
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Ein imposanter «Mocken», aber keine Ahnung, wie der heisst.

Reich an Erinnerungen wie den Nidarosdom in Trondheim, die Nordlichter von Stamsund, die Künstlerin Eva Schmutterer am Nordkap, den «Rentierhund» in Vardø und und mit Hunderten von Fotos im Gepäck, treten wir nach einer weiteren Übernachtung in Bergen den Heimweg an. Wir werden noch lange von «unserer» MS Vesterålen und der norwegischen Küste schwärmen…

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Infos zur Postschiffreise mit Hurtigruten

Alle Informationen haben wir auf einer eigenen Seite zusammengefasst.
>>>> Hier geht’s zur Postschiff-Infoseite.

© Text: Inge Jucker; Fotos: Heinz Jucker | TravelExperience.ch | 2020

Offenlegung: Im Rahmen einer Reportage fürs Bucketlist Magazin waren wir von Glur Reisen zu dieser Recherchereise eingeladen. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön!

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