
Wir haben Hammerfest verlassen, sind in Øksfjord und Skjervøy für kurze Zeit im Hafen gelegen und kommen knapp vor Mitternacht in Tromsø an. Das Mitternachtskonzert lassen wir allerdings sausen, damit wir genügend Schlaf bekommen. Denn wir haben uns entschlossen, den Weg von Harstad nach Sortland auf dem Landweg zu unternehmen und der Bus startet schon recht früh am nächsten Morgen.
Inhalt
Inselwelt der Vesterålen
Wie könnte es anders sein: Am Himmel wälzen sich schon wieder schwarze Wolken… So what! Wir wollen auf diesem Ausflug die Vesterålen-Inseln entdecken – egal, was Petrus davon hält. Wir sind wetterfest und unser Busfahrer schneeerprobt. Trondenes, unser erstes Ziel, liegt im Norden von Harstad.

Gerade als wir die Kirche von Trondenes betreten, fängt es an zu schneien. Beim Anblick des Kircheninneren vergessen wir das Wetter schnell. Ganz früher stand hier vermutlich eine kleine, hölzerne Bauernkirche, die ab dem 11. Jahrhundert immer weiter ausgebaut wurde. Ihre heutige Form hat sie seit ca. 1440. Im Laufe der letzten 600 Jahre hat die steinerne Kirche diverse Restaurationen erlebt, doch von den ersten Ausschmückungen und Einrichtungen ist leider nicht viel erhalten geblieben.

Trondenes – Frauenpower in der Kirche
Im Chorraum stehen drei Altäre, die vermutlich aus Deutschland stammen. Der mittlere, der Hauptaltar aus dem Jahr 1460, ist der älteste. Speziell an ihm ist, dass die Hauptfigur, die Jungfrau Maria mit Kind, von ihren weiblichen Verwandten umgeben ist. Die Dominanz von Frauen in einem Altarbild ist einzigartig. Auch in den beiden Seitenaltären sind viele Frauenfiguren zu sehen.

Der Pfarrer, der uns hier seine Aufwartung macht, predigt nicht von der Kanzel, die aus dem Jahr 1752 stammt, sondern postiert sich vor dem Chor und erzählt auch über die Kirche, die von aussen ein wenig an eine Festung erinnert. Die Mauer auf der Meerseite sollte wohl Abwehrkraft zeigen und vermitteln, dass der Ort schwer einzunehmen sei. Obwohl die Mauer längst nicht so mächtig ist, wie sie vom Meer aus ausschaut. Hier wurde erfolgreich gegen die Piraten geblufft.
Kreuz, Schwert und Braunkäse
Gegenüber der Mittelalterkirche liegt das Trondenes Historiske Senter, ein Museum, das sich um das Leben über dem Polarkreis dreht. Die Ausstellungen und Multimedia-Shows führen «mit Kreuz und Schwert durch Norwegens Geschichte», von der Wikingerzeit bis in heutige Tage. Interessant und bei dem Huddelwetter draussen die richtige Alternative. Im Souvenirshop gibt es übrigens sehr schöne, wertige Andenken.



Die Fahrt geht weiter über die Insel Hinnøya, die sich im Schneegestöber mehrheitlich in nebligem Weiss zeigt. Mit der Fähre geht es über den Gullesfjord und kurz danach halten wir gefühlt im Nirgendwo.



Viltkroa Butikk heisst das Ziel, und hier kommen wir in den Genuss einer Käsespezialität: Braunkäse. Er schmeckt sehr speziell, leicht süsslich… Man mag ihn oder verabscheut ihn. Dazwischen gibt es wohl nichts. Wer ihn gern hat, kann ihn in der Butikk vakuumverpackt kaufen. Wir lassen das bleiben, denn auf der Vesterålen habe ich den Käse auch schon auf dem Büfett gesehen. Ich wusste einfach nicht, was es war…


Wir erreichen Sortland, das Verwaltungszentrum der Vesterålen-Inseln. Im Hafen wartet schon unser Schiff, das wir nach nur kurzer Fahrt in Stokmarknes wieder verlassen.
Das Zuhause von Hurtigruten
Wer mit Hurtigruten reist, muss sich natürlich auch das Hurtigruten-Museum anschauen, erst recht aber, wer mit der Vesterålen unterwegs ist. Stokmarknes ist quasi das Zuhause der Reederei, denn hier wurde 1881 von Richard With, dem «Vater» und späteren Direktor der Hurtigruten, die Vesterålen Dampskibsselskab gegründet. Im dreistöckigen Museum kann man tief in die Geschichte der legendären Reederei eintauchen.



Trollfjorden – ganz ohne Trolle
Von Stokmarknes nehmen wir Kurs auf den Raftsund, der zwischen den steilwandigen Lofoteninseln Hinnøya und Austvågøya verläuft. Wir erreichen den Trollfjord, einen spektakulären Streckenabschnitt – und können nicht hineinfahren!



Der Fjord ist stellenweise nur 100 Meter breit und von den steilen Wänden könnten Lawinen abgehen… Das ist einer der wenigen Nachteile, wenn man im Winter an Norwegens Küste unterwegs ist. Aber immerhin bekommen wir einen Eindruck vom Trollfjord.
Immer weiter südwärts
Wir machen noch in Svolvær und Stamsund Halt, dann fallen wir überwältigt von den vielen Eindrücken in unsere Betten. Während der Nacht stoppen wir Bodø, von dem ich mal wieder gar nichts mitbekomme.


Gegen sieben halten wir in Ørnes, später in Nesna, Sandnessjøen, Brønnøysund und Rørvik. Schwupps ist ein Tag vorbei, an dem wir nicht einen Fuss an Land gesetzt und ausserdem die Arktis wieder verlassen haben.


Auch am nächsten Tag bringen wir Seemeilen hinter uns: Wir halten nur in Trondheim (morgens um 6:30 Uhr), Kristiansund (16:30 Uhr für eine Halbestunde) und Molde (21 Uhr für 30 Minuten). Wir verbringen die Zeit auf dem Panoramadeck, geniessen die Landschaften, unsere Krimis und sind einfach ein wenig faul. Darf ja auch mal sein. Nur zum Fotografieren und fürs Gruppenfoto haben wir uns aufs Sonnendeck begeben.



Die letzte Etappe
Kurz nach Mitternacht verschlafe ich den Halt in Ålesund und auch nach 5 Uhr jenen in Måløy. In Florø kommen wir in die Gänge und machen uns ans Frühstücksbüffet. Um 14:30 Uhr machen wir in Bergen fest und die so lange ersehnte Traumreise – manche sagen, es sei die schönste Seereise der Welt – ist zu Ende.



Reich an Erinnerungen wie den Nidarosdom in Trondheim, die Nordlichter von Stamsund, die Künstlerin Eva Schmutterer am Nordkap, den «Rentierhund» in Vardø und und mit Hunderten von Fotos im Gepäck, treten wir nach einer weiteren Übernachtung in Bergen den Heimweg an. Wir werden noch lange von «unserer» MS Vesterålen und der norwegischen Küste schwärmen…

Infos zur Postschiffreise mit Hurtigruten
Alle Informationen haben wir auf einer eigenen Seite zusammengefasst.
>>>> Hier geht’s zur Postschiff-Infoseite.
© Text: Inge Jucker; Fotos: Heinz Jucker | TravelExperience.ch | 2020
Offenlegung: Im Rahmen einer Reportage fürs Bucketlist Magazin waren wir von Glur Reisen zu dieser Recherchereise eingeladen. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön!
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