Neben Bergen und Gletschern sind Steinböcke und Zirben im tirolerischen Pitztal allgegenwärtig. All dem kann man sich wandernd und kulinarisch nähern.
Tirol, Pitztal, Rifflsee, Flossfahrt
Während der Flossfahrt auf dem Rifflsee kommen Steinbock- und Zirben-Fans ins Schwärmen und Geniessen.

Im Moment zehren wir gezwungenermassen von unseren Erinnerungen ans Pitztal… Aber sobald wie möglich nehmen wir das spannende Tal wieder in unsere Ferienplanung auf, denn bei unserem Besuch während des ausserordentlichen Jahrs 2020 haben wir noch lange nicht alles gesehen, was uns interessiert hätte. Doch das ist bei uns ja eigentlich nichts Neues ;-)

Störrische Steinböcke

Der Auslöser für unsere Reise ist das neue Steinbockzentrum in St. Leonhard. Es ist so neu, dass es noch gar nicht fertig eingerichtet und schon gar nicht geöffnet ist. Das soll dann wenige Wochen später passieren. Doch wie sich dann später herausstellen wird, zieht die Corona-Pandemie dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Dennoch gibt es für uns interessante Entdeckungen und – Steinböcke aus nächster Nähe!

Tirol, Pitztal, St. Leonhard, Steinbockzentrum
Vom Ausguck im Gehege des Steinbockzentrums aus geniessen wir die Sicht ins Tal und auf die Steinböcke, die sich grad gut versteckt halten.

Steinböcke waren im Pitztal ja lange Zeit ausgestorben. Doch vor fast 70 Jahren hat man sich daran gemacht, einige Tiere aus der Schweiz in ein Gehege im Tal zu bringen – in der Hoffnung, sie würden sich vermehren. Doch dazu hatten sie offensichtlich keine Lust und sind kurzerhand ausgebüxt. Das Projekt war somit zwar gescheitert, aber in der freien Natur vermehrten sich die Steinböcke prächtig. Heute leben etwa 1200 Tiere im Pitztal. Um sie zu beobachten, muss man allerdings ins Hochgebirge steigen, beispielsweise zur Rüsselsheimer Hütte. Wer es bequemer mag, der stattet ganz einfach dem Steinbockzentrum in St. Leonhard einen Besuch ab.

Spannendes Steinbock- und Kulturzentrum

Seit Sommer 2020 steht auf dem Stallgelände des Schrofenhofs, dem vermutlich ältesten Bauernhofs des Tals, das moderne, kantige Gebäude des Steinbockzentrums. Es ist in zwei Ausstellungsebenen unterteilt:

  • Kultur im früheren Pitztal
  • Steinböcke und andere Tiere im Naturpark Kaunergrat
Tirol, Pitztal, Steinbockzentrum
Von aussen hebt sich das Steinbockzentrum von seiner Umgebung extrem ab. Was aussieht wie Holz, ist holzfarbiger Beton, stellenweise mit Holzstruktur.

Josef Schöpf, der im Schrofenhof geboren wurde, war ein aufmerksamer Fotograf und hinterliess eine eindrückliche Bilddokumentation des früheren Pitztals. Das Wohnhaus des Schrofenhofs, der erstmals 1265 urkundlich erwähnt wird, steht noch heute. Bei unserem Besuch sieht sein Inneres genau so aus, als hätte der letzte Bewohner die gemütlichen Stuben erst gestern verlassen. «Das wird alles noch hergerichtet», erzählt Ernst Partl, Geschäftsführer des Naturparks Kaunergrat. Und bis dahin lebt die Geschichte des Hofes, kombiniert mit der Kulturgeschichte des Tals und der Erfolgsgeschichte der Pitztaler Steinböcke in den Ausstellungen des Steinbockzentrums.

Tirol, Pitztal, Schrofenhof, Steinbockzentrum
Der alte Schrofenhof ist Teil des Steinbockzentrums, das auch die Kultur des Tales als Thema betreut.

Steinböcke hautnah

Von der oberen Ausstellungebene führt eine Brücke hinüber auf den Weg zum Steinbockgehege, das für Besucher begehbar ist. Die sieben Steinböcke – es hat auch Kitze dabei – sind sich an Menschen gewöhnt. Fotografen haben die optimale Gelegenheit für tolle Bilder, es sei denn, es ist regnerisch wie bei unserem Besuch. Dennoch bekommen wir die mutige wie auch neugierige Steingeiss vor die Linse, während der Herdenführer aus sicherer Distanz die Lage überschaut. Ein Schelm, wer jetzt an einen «Schisshas» denkt…

Tirol, Pitztal, Steinbockzentrum, Steingeiss
Die Steingeiss ist zwar vorsichtig, aber doch sehr neugierig, wer sich da in ihrem Gehege herumtreibt.
Tirol, Pitztal, Steinbockzentrum, Alpensteinbock
Etwas auf Distanz hält sich der Chef des Rudels zusammen mit einem der Kitze auf.

Die Betreiber des Steinbockzentrums hoffen nun, dass die Tiere sich vermehren und dort angesiedelt werden können, wo es noch kein Steinwild gibt. Im Pitztal selber ist der Bestand schon jetzt sehr hoch. Steigt er weiter, leidet der Bestand der Gämsen… Balance ist auch hier ein Schlagwort.

Steinböcke treffen wir im Pitztal auch auf Weinflaschen an. Sie zieren die Etiketten des «Pitztal Chardonnay» und des «Pitztal Cuvee Rot» (St. Laurent, Zweigelt und Merlot). Die Trauben stammen zwar aus Tattendorf in Niederösterreich, aber die Sonderabfüllung bereichert die lokal verankerte Marke Pitztal. Zu dieser gehören auch Pitztaler (Ham)Burger und allerlei Produkte aus Zirbenholz. Diese speziellen Bäume und ihre Zapfen «laufen» uns seit Jahren immer wieder «über den Weg». Grund genug also, ihnen auch im Pitztal nachzuspüren.

Zirben für Herz und Seele

Seit Heinz von einer alten Bäuerin im Montafon ein Zirbenschnapsrezept bekommen hat, ist er auf der Suche nach Zirbenzapfen. Gar nicht so einfach, denn sie wachsen nur an alten Bäumen. Im Pitztal gibt es zwar viele alte Zirben, aber man muss zur richtigen Zeit dort sein. Wir sind etwa drei, vier Wochen zu früh dran. Ausserdem würde es uns der Anstand verbieten, den Waldbesitzern einfach Zirbenzapfen zu stehlen. Beziehungen helfen halt oft, und so überrascht Manuela von der Hochzeigerbahn Heinz mit Zirbenzapfen per Post… Was dann folgt, ist eine andere Geschichte. ;-)

Tirol, Pitztal, Zirbenzapfen
Hochwillkommene Zirbenzapfenpost! Endlich wird Heinzens Traum vom eigenen Zirbenschnaps wahr…

In Jerzen nehmen wir die Hochzeigerbahn, um zum Zirbenpark zu gelangen. Die Anlage ist bei der Mittelstation angesiedelt, wo auch der etwa einen Kilometer lange Zirbenwanderweg beginnt und endet. Wir überlassen den Zirbenpark den Kids und fahren weiter bergwärts, auf den Sechszeiger. Von dort führt uns der Weg hinunter zur Kalbenalm.

Tirol, Pitztal, Hochzeiger, Zirbenpark
Im Zirbenpark erfahren die Besucher ganz viel über die Zirbe. Spielerisch natürlich!
Tirol, Pitztal, Hochzeiger, Speichersee
Der Speichersee bei der Bergstation der Hochzeigerbahn ist quasi Ausgangsort für viele Wanderungen.
Tirol, Pitztal, Hochzeiger, Speichersee
Nochmal der Speichersee am Hochzeiger, diesmal aus anderer Perspektive.

Die Almhütte liegt auf 2117 Metern Höhe, wo Familie Schrott Wanderer und Naturfreunde bewirtet und die Aussicht umwerfend schön ist. Wir geniessen – was denn sonst! – einen Zirbenschnaps, den hier jeder nach eigenem Rezept ansetzt. Dass dieses hoher Geheimhaltung unterliegt, versteht sich von selbst. Eine Flasche wandert als Mitbringsel in unser Reisegepäck.

Tirol, Pitztal, Kalbenalm
Gemütlich nähern wir uns der Kalbenalm.
Tirol, Pitztal, Kalbenalm
Ein schönes Plätzchen, die Kalbenalm – mit schöner Aussicht.

Klaus Schrott fungiert übrigens nicht nur als umtriebiger Wirt, er ist auch für seine Zirbenschnitzerei bekannt. Die schönsten Figuren stehen unten im Dorf Jerzens, unübersehbar in der Einfahrt zu Schrotts Hof.

Zirbensepp, der Tüftler

Wir wandern zur Mittelstation zurück, wo wir uns auf der Restaurantterrasse eine Zirbensuppe, einen Pitztaler Burger und einen weiteren Zirbenschnaps gönnen. Wieder unten im Dorf treffen wir den Zirbensepp, das Dorforiginal und einstiger Bürgermeister von Jerzens. Zusammen mit seiner Gattin Roswitha weiht er uns in die aufwändige Arbeit der Zirbenölgewinnung ein, für die er so manches Hilfsmittel selber ausgetüftelt hat.

Tirol, Pitztal, Zirbensepp
Zirbensepp transportiert seine Zirbenhäckselkessel mit einem sehr speziellen Gefährt.
Tirol, Pitztal, Zirbensepp, Roswitha
Roswitha und der Zirbensepp – welch herziges, herzliches und glückliches Paar…
Links auf dem Tisch steht übrigens eine Flasche mit hausgemachtem Zirbenschnaps.

In einem Gebäude der Sägerei am Talgrund lädt Sepp Reinstadler, wie der Zirbensepp richtig heisst, frisch gehäckselte Zirbenholzreste und -nadeln in einen Destillationsofen Marke Eigenbau. Mit Hilfe von Wasserdampf wird das ätherische Öl gewonnen. Die Ausbeute ist wahrlich nicht gerade gross: Aus 200 Kilogramm Zirbenhäcksel tropfen nach sechs bis sieben Stunden etwa 200 Milliliter Zirbenöl in den Florentinertopf. Das Öl wird nicht gestreckt, sondern völlig naturrein in Tropfflaschen gefüllt, die der Besucher vor Ort im kleinen Zirbenshop kaufen kann.

Zirbensepp erzählt, dass das Öl für erholsamen Schlaf sorgt, entzündungshemmend, schleimlösend und blutreinigend wirkt und zudem die Atmung vertieft. Wir merken, wir sind hier an einer echt guten Quelle, denn wir setzen das Öl der «Königin der Alpen» gerne zu Hause als Raumduft ein. Natürlich schaffen es ein paar Mitbringsel in unser Gepäck. Wie gut, dass wir mit dem Auto angereist sind…

Flossfahrt auf dem Rifflsee

Bevor wir uns auf die Weiterreise in die Wildschönau begeben, wartet aber noch ein ganz besonderes Highlight auf uns: die höchste Flossfahrt Europas auf 2232 m ü. M. Mit der Rifflseebahn fahren wir hinauf zum See und geniessen eine 45-minütige Flossfahrt. Angetrieben wird das Floss durch einen Elektromotor. Wer mag, darf sich sogar selber ans Steuer stellen. Gemütlich ist es aber auch, vom Liegestuhl aus die überaus fotogene Berglandschaft zu geniessen. Hach… was geht es uns gut!

Tirol, Pitztal, Rifflsee, Floss
Die Anlegestelle des Rifflsee-Flosses.
Tirol, Pitztal, Rifflsee, Floss
Der vielleicht schönste Platz auf dem Rifflsee-Floss…

Infos zum Pitztal

ANREISE
Mit dem PW ins Pitztal oder dem ÖV nach Imst, von dort mit dem öffentlichen Bus weiter z. B. nach Stillebach.

HOTEL
Biohotel Stillebach
Stillebach 83
AT-6481 St. Leonhard
www.stillebach.at
Im ganzen Haus wird auf Bio und Produkte aus der Umgebung gesetzt, wobei die bis ins nahe Südtirol reicht. Wir haben uns gut aufgehoben gefühlt, prima getafelt und sogar einen Bio-Aperol-Spritz kennengelernt, der hier «Veneziano» heisst – wie im Südtirol.

RESTAURANTS
Alpenhof
(im gleichnamigen Hotel)
Enger 171
AT-6481 St. Leonhard
www.alpenhof-pitztal.com
Hier gibt es echte Tiroler Gastfreundschaft, lokale Schmankerln, aber auch internationale Gerichte – und alles sehr originell aufgetischt. Sehr zu empfehlen: die Tiroler Tapas!

Tirol, Pitztal, Alpenhof, Tiroler Tapas
Ein Augen- und Gaumenschmaus: die Tiroler Tapas, die im Alpenhof aufgetischt werden.

Zeigerrestaurant (in der Mittelstation der Hochzeigerbahn)
AT-6474 Jerzens
www.pitztal.com/de/zeigerrestaurant-am-hochzeiger-2000-m
Ob drinnen oder draussen auf der Terrasse: es dreht sich fast alles um Zirben… Von der Zirbensuppe über den Zirbencappucino bis zum Zirbenschnaps schmeckt alles wunderbar nach dem gesunden Baum. Zu erwähnen ist auch der Pitztaler Burger, der total regional produziert wird.

Tirol, Pitztal, Hochzeiger, Zirbenschnaps
So serviert der Chef des Zeigerrestaurants den Zirbenschnaps.

STEINBOCKZENTRUM
Schrofen 46
AT-6481 St. Leonhard
www.steinbockzentrum.tirol  
Alles rund um die Erfolgsgeschichte des Pitztaler Wappentieres und die Kulturgeschichte des Tales. Nach der Ausstellung im neuen Gebäude, welche auch eine fotografische Sammlung zeigt, kann man durch das grosszügige Steinbockgehege spazieren und die Tiere aus nächster Nähe beobachten.

HOCHZEIGER BERGBAHNEN / ZIRBENPARK
Liss 270
AT-6474 Jerzens
www.pitztal.com/de/hochzeigerbahn
Die Hochzeigerbahnen starten in Jerzens und gondeln die Gäste hinauf bis zum Sechszeiger. Bei der Mittelstation befindet sich der Zirbenpark, ein Abenteuer für Gross und Klein.

ZIRBENSEPP UND ROSWITHA REINSTADLER
Sägewerk Reinstadler
Niederhof 139
AT-6474 Jerzens
www.gesund-zirbe.at
Zwei, die auf die Zirbe und ihre heilsamen Kräfte schwören, und erst noch 100% naturreines Zirbenöl herstellen – der Besuch ist ein Muss!

RIFFLSEE-FLOSS
Rifflseebahn
AT-8481 Mandarfen
www.pitztal.com
Der See ist von der Bergstation aus in etwa 15 Minuten zu Fuss erreichbar. Das Floss ist 140 Quadratmeter gross und wird mit einem Elektromotor betrieben.

DESTINATIONSINFOS
www.pitztal.com
Unter Service lassen sich hilfreiche Prospekte und Broschüren wie die «Wandertipps» bestellen bzw. herunterladen.

© Text: Inge Jucker; Fotos: Heinz Jucker | TravelExperience.ch 2021

Offenlegung: Unbezahlte Werbung
Im Rahmen einer Reportage für die Schweizer Frauenzeitschrift GlücksPost waren wir zu Kost und Logis sowie den Ausflügen vom Tourismusverband Pitztal eingeladen.