
Das Burgenland hat uns wieder! Von Wien aus sind wir mit dem Mietwagen an den Neusiedler See gefahren, der bei Regattaseglern sehr beliebt ist. Nirgends in Österreich weht der Wind so häufig und scheint auch die Sonne dazu. An dem Tag, als wir den Hotspot mit herrlicher Seeatmosphäre, nämlich das Restaurant Mole West in Neusiedl am See erreichen, ist das nicht anders. Nach dem Mittagessen klettern wir deshalb in ein Schiff und segeln los. Christian Bayer, Hausmann und leidenschaftlicher Segler, ist unser Captain, und er weiss ganz viel übers Segeln und über diesen seltsamen See zu erzählen, beispielsweise dass er 2006 verdunstet sei, weil es nie geregnet hat…
Inhalt
Ein Köpfler ist nicht ratsam
Der Neusiedler See, der teils in Österreich und teils in Ungarn liegt, ist ein Phänomen: Der sogenannte Steppensee ist zwar sehr gross, mit etwa 320 km2 der viertgrösste See in Mitteleuropa, aber nur gerade 1,5 Meter tief! Also bitte: Keinen Kopfsprung machen, sonst enden die Ferien im Spital! Auf der Homepage des Burgenländischen Yacht-Clubs habe ich gelesen, dass Regattasegler aus anderen Revieren den Neusiedler See spöttisch als «feuchte Wiese» bezeichnen. Irgendwie haben sie damit nicht mal ganz Unrecht, denn er ist von einem Schilfgürtel gerahmt, der satte 60 Prozent des ganzen Sees ausmacht.




Dieses Schilf ist Lebensraum von beeindruckenden 350 Vogelarten! Den Regenpfeifer kann man nur hier finden, und seit seiner Wiederansiedelung ist auch der Stelzenläufer wieder heimisch. Wir besuchen den Nationalpark Neusiedler See, um mehr zu erfahren. Er ist sehr zerstückelt – 1200 Grundeigentümer verpachten das Land auf Dauer an den Park.

Man stelle sich die aufwändigen Verhandlungen vor…! Weil die Graugänse hier wichtige Vögel sind, zieren sie das Logo des Nationalparks. Mittlerweile sind sie das ganze Jahr über hier. Und die Kraniche haben ihre Zugwege verlagert, um am Neusiedler See rasten zu können.
Hörnchen, Hamster und Störche
Nicht nur Vögel sind hier zu Hause. Auch das Ziesel, ein Erdhörnchen, lebt im Park. Wieder. Denn weil es in der Landwirtschaft als Schädling gilt, war es fast ausgerottet. An der Lange Lacke hat es wieder eine Population und beim Campingplatz sind sie sogar handzahm. Über den Feldhamster erfahren wir, dass er sogar mit Katzen kämpft! Und um übers Gras sehen zu können, stellt er sich auf die Hinterbeine und pfeift, wenn ein Raubvogel auftaucht. Quasi burgenländische Murmeltiere… ;-) Hier gibt es so viel zu erleben, dass wir den Besuch des Nationalparks sehr empfehlen.

Zu den «Muss» der Gegend gehört das Örtchen Rust. Einerseits ist es aus der TV-Serie «Der Winzerkönig» bekannt, aber auch die Storchenkolonie hat es berühmt gemacht.

Wir waren zu spät dran und haben die Weissstörche leider knapp verpasst. Im Spätfrühling und Sommer hat man aber geradezu «Storchengarantie». Im Moment (Stand Mai 2017) nisten 17 Paare auf den Kaminen der Ruster Häuser, und 15 Brutpaare ziehen 33 Jungstörche auf!

Die Freistadt Rust ist aber auch ohne Störche sehenswert. Es ist mit gerade mal 1912 Einwohnern der kleinste Verwaltungsbezirk Österreichs und blickt auf eine lebhafte Vergangenheit zurück. Am besten bucht man sich eine Führung und lässt sich auf dem Spaziergang durch das UNESCO-Welterbe-Städtchen alles zeigen und erklären. Unser Gästeführer Gerald Szivacz ist sehr versiert und humorvoll – ein tolles Erlebnis, mit ihm durch Rust zu strolchen!

Alter Wein und eine Superlative
Für einmal waren es nicht die Römer, die den Weinbau etablierten. Im kleinen Fischerdorf am See haben bereits die Kelten Reben gezogen und die Römer, später dann die Klöster, sorgten für die Verbreitung des Weins.

Im 15. Jahrhundert produzierten die Ruster einen speziellen Süsswein, den «Ruster Ausbruch», der über den alten Handelsweg, die Bernsteinstrasse, verkauft wurde. 1479 gründete man die Zunft der Winzer und 1524 entstand das Ruster «R», das als Markenschutzzeichen auf alle Export-Weinfässer gebrannt wurde. Es verwundert tatsächlich nicht, dass sich in Rust auch die österreichische Weinakademie befindet. Hier kann man z. B. den Master of Wine erlangen. Das Basisseminar dazu dauert drei Tage und ist für Weinfans eigentlich ein Muss. Aber uns fehlen diese drei Tage Zeit…
Wer sich mit dem Thema Wein in kürzerer Zeit beschäftigen will, darf die Leithaberg-Vinothek im Haus am Kellerplatz in Purbach nicht verpassen. Ausser jener in Moskau, ist diese Vinothek die grösste und modernste Verkostungsanlage der Welt! Jawoll.

In diesem kleinen Weinort am Neusiedler See mit 2835 Einwohnern. Wir staunen und machen uns daran, ein paar Weine zu probieren, die hier von 64 Winzern aus der Region zur Verfügung gestellt werden. Das Weinverkostungssystem besteht aus acht Enomatics. Einer davon fasst acht Flaschen. Insgesamt ergibt das 64 Flaschen, also eine für jeden Winzer. Für jeden Schluck, der aus einer Flasche fliesst, wird Stickstoff nachgegeben. So soll der angebrauchte Wein besser halten. Aber nach zwei Wochen wir die Flasche sowieso ausgetauscht. Wenn sie überhaupt so lange halten, denn die Weine schmecken sehr gut…
Vergnügliche Heurigen
Gleich vor dem Haus am Kellerplatz beginnt die historische Kellergasse, die von 1840 bis 1870 angelegt wurde und heute 50 der schönsten sogenannten Wurfkeller beherbergt. Für die Bauform wurden Erdhügel aufgeschüttet, Mauern und Tonnengewölbe gemauert und dann die Erde herausgeschaufelt. Nur wenige der Keller können auch von innen besichtigt werden, denn sie werden von den Winzern noch als Lager verwendet. Und einige wurden zu Restaurants oder Heurigen umgenutzt. Von Mai bis Oktober findet nämlich an jedem 1. Samstag im Monat der Kellergassenheurige statt. Jeweils ab 16 Uhr wird in der Kellergasse gefeiert, musiziert, getrunken und gegessen, und es werden die besten Purbacher Tropfen und regionalen Heurigenspezialitäten aufgetischt.

Wir hätten es am Neusiedler See noch lange ausgehalten. Die Segelboote und Seerestaurants verbreiten locker, leichte Ferienstimmung und gute Laune, und die Weinberge und Weindörfer sorgen für kulinarische Genüsse. Weil hier natürlich auch Naturfreunde auf ihre Kosten kommen, kann man getrost behaupten, dass die «Sonnenstube Österreichs» für jeden Feriengeschmack das Passende bietet. Burgenland – wir kommen wieder!
Infos zur Region Neusiedlersee
ANREISE
Per Flug oder Zug nach Wien, von dort mit einem Mietwagen weiter an den Neusiedler See.
UNTERKUNFT
Pension Sattler Seeblick
Weingut – Pension zum Seeblick
Klausenberg 3
A-7093 Jois/Neusiedlersee
www.sattler-seeblick.at

Eine unkomplizierte und herzlich geführte Pension, in der wir uns sehr, sehr wohl gefühlt haben. Sie gehört zum Weingut Sattler, womit für feine Apéros gesorgt ist. Man kann sich selber bedienen und trägt die Konsumation einfach in eine List ein.

Die Zimmer sind im ländlichen Stil eingerichtet und verfügen über zeitgemässen Komfort. Luxus muss nicht immer fünf Sterne haben.

Hier erlebt man den Luxus von Gelassenheit und Gemütlichkeit. Und wenn einen morgens der winzige «Hofhund» begrüsst, fängt der Tag gut an.

RESTAURANTS
Mole West
Seegelände 9
A-7100 Neusiedl am See
www.mole-west.at
Mit Blick auf den See und die Segelboote etwas Leichtes essen, oder ein Glas Wein geniessen, das passt in der Mole West wunderbar. Das Restaurant ist allgemein sehr beliebt, ein eigentlicher Hotspot. Deshalb sollte man fürs Abendessen besser reservieren.
Landgasthaus am Nyikospark – neu: DaCapo am Nyikospark
Untere Hauptstrasse 84
A-7100 Neusiedl am See
www.nyikospark.at
Während der Monarchie war das Haus ein Offizierskasino, das mit seiner Renovation zum Landgasthaus mit Wintergarten und Weinbar gewandelt wurde. Es zählt zu den besten Restaurants der Region und wurde auch schon ausgezeichnet. In der Tat haben wir sehr vorzüglich getafelt, begleitet von feinsten Burgenländer Weinen.

Nachtrag: Seit Frühling 2017 ist das Lokal in DaCapo umbenannt und eine Pizzeria. Sie soll gut sein, aber wir haben natürlich ein anderes Küchenkonzept erlebt. Dieses gibt es jetzt im «Das Fritz» in Weiden am See, weil Chef Fritz Tösch vom Nyikospark nach Weiden an den Neusiedlersee umgezogen ist.
Restaurant Seejungfrau
Hafen 1
A-7093 Jois
www.seejungfrau.org
Nur schon die Lage des Restaurants, nämlich direkt am Neusiedler See, hat es in sich. Aber auch das Abendessen hat uns sehr zugesagt. Kein Wunder, denn hier werden regionale und saisonale Produkte von Chef Günter Mittermayr und seinem Team zu kulinarischen Leckerbissen verarbeitet. Für Abwechslung sorgen Ausflüge in die Küchen des Mittelmeers, des hohen Nordens und Asiens. Kleiner Tipp: Wenn man abends zum herrlichen Sonnenuntergang draussen auf der Terrasse tafelt, sollte man sicherheitshalber einen Mückenspray dabei haben. Es muss nicht, aber es kann Mücken haben, die einem den Abend zur Qual machen.
WEITERE ADRESSEN
Ceelmarine – Markus Hiebeler GmbH
Reiherweg 18
A-7071 Rust
www.ceelmarine.com
Hier kann man Segelboote aber auch Stand-Up-Paddelboards mieten.
Leithaberg-Vinothek
Haus am Kellerplatz
Am Kellerplatz 1
A-7083 Purbach
www.haus-am-kellerplatz.at/leithaberg-vinothek.html
Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel
Informationszentrum & Ökopädagogikzentrum
Hauswiese
7142 Illmitz
https://nationalparkneusiedlersee.at
Der Winzerkönig
Die TV-Serie wird immer mal wieder auf einem deutschsprachigen Sender wiederholt.
Sendetermine sind hier einsehbar: www.fernsehserien.de/der-winzerkoenig/sendetermine
Kleine Weinliste
(ein Auszug aus den von uns verkosteten Weinen – natürlich nur die guten)
Zweigelt, Beerenauslese, Hauswein Landgasthaus am Nykospark (süss)
Pinot Blanc, Weingut Kroyer (trocken)
Sauvignon Blanc, Weingut Leitner (trocken)
Pannobile Claus, Weingut Claus Preisinger (trocken)
Muskat Ottonel, Beerenauslese, Weingut Nittnaus (süss)
Tourismusverband Rust
Conradplatz 1
A-7071 Rust
www.freistadt–rust.at
Hier kann man sich mit Informationen eindecken und auch einen Stadtrundgang buchen.
WEITERE INFOS
www.burgenland.info
www.austria.info
Tel. 00800 400 200 00 (kostenlos)
eMail: ferien@austria.info
Während wir im Rahmen der Blogger-Challenge #meinliebsterNachbar am Neusiedler See unterwegs waren, hat sich Blogger-Kollege Paulo Zenz in Deutschland, genauer in Ulm herumgetrieben. Die Beiträge von Paulo findet Ihr unter metropolischt.ch und bei uns geht es dann gelegentlich mit unseren schon eher spätsommerlichen Abenteuern in Seefeld weiter.
© Text: Inge Jucker; Fotos: Heinz Jucker | TravelExperience.ch | 2017 | 2021
Offenlegung: Burgenland Tourismus und Österreich Werbung haben unseren Aufenthalt am Neusiedler See organisiert und unterstützt.
Verwandte TravelExperience-Beiträge
Burgenland: Auf Safari im Seewinkel
Burgenland: Ganz schön weinselig
Burgenland: Gans glücklich
Rust: Störche, Wein und Winzerkönig
Hinterlasse einen Kommentar