Es ist wie eine Waldlichtung im Alltagsdschungel. Wer im «Kranzbach» ankommt und von der Anreise noch etwas absorbiert ist, sieht zuerst nur die beiden Torhäuser und das prächtige Schloss, das Mary Isabel Portman aus heller Begeisterung über diesen Ort erbauen liess. Mary wer? Das mussten wir uns vom sympathischen Hoteldirektor Klaus King auch erst erklären lassen.
Inhalt
Mary Isabel Portman
In möglichst kurzer Form: Mary Isabel Portman, 1877 geboren, entstammt der angesehenen und sehr wohlhabenden Familie Portman, die auch heute noch eine der grössten Grundbesitzerinnen Londons ist. Es gibt sogar den Portman Square. Die Musikliebhaberin und Geigerin hat nie geheiratet. Sie reist 1913 mit der Pferdekutsche durch das Bergtal in der Nähe von Krün (bei Garmisch-Partenkirchen), verliebt sich in die Kranzbachwiese, kauft sie noch im gleichen Jahr und lässt hier ihr Country House erbauen.
Durch den Ersten Weltkrieg – Mary verlässt deswegen Deutschland – verzögern sich die Arbeiten. Das Englische Schloss wird mit Verspätung fertig, aber Mary stirbt 1931 in Montreux, vermutlich ohne ihr Country House jemals vollendet gesehen zu haben.
Irgendwie eine traurige Geschichte, aber zumindest das Schloss erlebt ein Happy End – das eigentlich gar noch nicht zu Ende ist… Über die Jahre erlebt das Gebäudeensemble viele Besitzer, Bewohner und Nutzungsarten, von der Freizeitstätte für junge Leute aus dem Ruhrgebiet, über ein Erholungshotel für US-Offiziere bis zur Filmkulisse in «Ludwig der Zweite, König von Bayern» und «Das Schweigen im Walde».
Aus dem Dornröschenschlaf erweckt
Nachdem 2003 ein Hotelprojekt scheitert, kaufen zwei österreichische Familienstiftungen das Anwesen, renovieren die alten Gemäuer und bauen dezent den Gartenflügel, das Badehaus und das besonders idyllische Baumhaus an. 2007 ist «Das Kranzbach» als 4-Sterne Superior Wellnesshotel erfolgreich zu neuem Leben erweckt worden. Glücklicherweise!
Und so entdecken wir nach und nach die ganze Hotelanlage, die angenehm einsam auf einer geschützten Naturwiese steht, eingerahmt von Wald, dessen Nadelbäume mit zur gesunden Luft beitragen.
Der Tag beginnt hier zum Beispiel mit Yoga – oder doch lieber gleich mit dem Frühstück? Dieses Büfett hat es jedenfalls in sich… In der Brotabteilung wähnt man sich in einer Bäckerei! Und das ist nicht mal falsch, denn es gibt hier tatsächlich eine Backstube mit zwei Bäckern.
Für die Saftzubereitung steht den Gästen eine eigene Küche zur Verfügung. Sie können dort ganz nach Belieben ihre eigenen Saftkompositionen zusammenstellen. Bei den übrigen Zutaten, viele aus der Region, ist (fast) endloses Auskosten angesagt… Kein Wunder also, wenn Frühstück hier etwas länger dauert.
Wellness im Wasser und im Wald
«Erholung» vom feinen Frühstück finden wir auf der Liegewiese, die ihrem Namen alle Ehre macht, beim Schwimmen in den verschiedenen Pools – der Onsen-Pool ist 40 Grad warm! – und in der Baumwipfelsauna mit Weitblick.
Eine besondere Wohlfühltherapie, welche von der Hotelärztin Dr. med. Christine Müller angeboten wird, ist das Waldbaden: Ein Spaziergang im nahen Wald, die Natur spüren, wer mag, kann Yoga-Übungen machen oder intuitiv eine der Baumkarten ziehen, die Frau Müller mitgebracht hat. Am wertvollsten ist hier aber ganz sicher die herrliche Waldluft!
Zurück im Hotel kann man es sich in einer der Doppelliegen gemütlich machen. Verspielte Naturen verziehen sich ins Spielzimmer, wo unzählige Brett- und Kartenspiele zur Verfügung stehen. Im Dart-Raum jedoch – typisch englisch – wird Zielgenauigkeit geübt.
Blick hinter die Kulissen
Was man im Kranzbach keinesfalls verpassen sollte, ist eine Hotelführung mit Klaus King. Hinter den Kulissen des Hauses erfahren wir alles, was mit Energie (mehr oder weniger Selbstversorger, CO2-neutral seit 2011), Pool-Reinigung und -heizung (das Wasser jedes Beckens wird alle zwei Tage komplett gewechselt) und Frotteewäsche (speziell fürs Kranzbach produziert) zutun hat. Die Neubauten wurden ursprünglich komplett strahlenfrei konzipiert – sogar die Vorhänge sind aus einem speziellen Stoff gefertigt, der Strahlen blockiert –, aber die Gäste wollten dann halt doch nicht auf TV, Telefon und WLAN verzichten…
2013 sind alle Bäder neu gemacht worden, 2015 alle Betten ausgetauscht, wobei die Matratzen sogar alle zwei Jahre gewechselt werden. So wundert es nicht, dass hier alles picobello ausschaut. Abnützungserscheinungen? Fehlanzeige! Und: Fast alles an Verbrauchsmaterial wird in Deutschland gefertigt, und die Lieferungen werden mit Schloss Elmau, dem anderen Hotel im Tal, koordiniert, damit keine überflüssigen Lastwagen in der Idylle herumkurven.
Nachhaltigkeit wird gross geschrieben
Bachforellen und Saiblinge werden seit kurzem im eigenen Bach gezüchtet. Bei allen Meerfischen, die hier auf dem Teller landen, handelt es sich um sogenannte «Angelware», will heissen: Die Fische werden nicht mit Schlepp- und anderen Netzen gefangen, sondern gezielt und ohne Beifang geangelt. Das ist natürlich eine Frage des Preises – und des Ethikverständnisses, das im Kranzbach gepflegt wird. Bravo! Nur schon das hat 100 Punkte verdient. Wer in einem Naturschutzgebiet wirtschaftet, muss der Natur nah sein, sonst wirkt das nicht echt.
Der erfahrene Hotelier King, mit dem wir fast zwei Stunden lang geplaudert haben, freut sich ebenfalls über all die Nachhaltigkeitsmassnahmen, die hier wie selbstverständlich wirken. Er erzählt seinen Gästen auch gerne davon, und wer ihn dann auch noch nach seiner Lebensgeschichte fragt, erfährt witzige Anekdoten, die ihren Ursprung in Schottland haben, genauso wie seine Vorfahren. Wohl deswegen passt Karl King perfekt zum Country House der Mary Isabel Portman.
Infos zum Kranzbach
Das Kranzbach
D-82494 Krün bei Garmisch-Partenkirchen
www.daskranzbach.de
Anreise-Infos fürs Navi: Elmauer Weg in 82493 Klais eingeben und der privaten Mautstrasse der Gemeinde Krün (Gebühr 4 Euro) bis zum Kranzbach folgen, oder die geographischen Daten 47°28.311′ Nord und 11°12.627′ Ost eingeben.
© Text: Inge Jucker; Fotos: Heinz Jucker | TravelExperience.ch
Offenlegung: Wir waren für zwei Übernachtungen im Kranzbach eingeladen.
Die Anreise erfolgte auf eigene Kosten.
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