
Ein Buch über historische Hotels im Wallis zu schreiben – wow! – was für ein Auftrag! Nach intensiven Recherchen, Kontaktaufnahme mit den Hotels und Mails, die meinen Besuch ankündigten, geht die Reise also los. Ich freue mich, denn schliesslich stellt die Erwähnung des Hotels in diesem Buch eine kostenlose Werbung für das Haus dar – die Hoteliers müssten mir eigentlich die Füsse küssen… Eigentlich.
Inhalt
Schwarze Schafe und ein Ort des Grauens
Komplett falsch gedacht. Meine Freude weicht Ernüchterung und schlägt um in bodenloses Erstaunen über derart grosse Dummheit… Natürlich sind nicht alle Walliser Hoteliers dumm – das ist ja klar! Es gibt sehr gute, gastfreundliche und professionelle Hoteliers, und ihre Häuser sind auch in meinem Buch vertreten. Aber die schwarzen Schafe machten mir echt das Leben schwer…
Nach den ersten zwei Wochenenden im Wallis hätte ich am liebsten den Bettel hingeschmissen. Dass meine Mails nicht gelesen wurden, war rasch klar. Aber der Gipfel ist jener Hotelier in einem Unterwalliser Seitental, der mich in einem schmutzigen Unterleibchen (es hat Zeit seines Lebens bestimmt noch nie eine Waschmaschine gesehen!) empfängt. Empfangen ist eigentlich übertrieben, denn ich muss ihn erst aus dem Eingeweide des Hauses heraus trommeln. Die Haare hängen fettig und strähnig ins speckige Gesicht aus dem es tönt, er habe mein Mail gesehen, aber nicht gelesen. Schluck. Sehr direkt. Und: Nein, ein Zimmer könne ich nicht anschauen. Fotos? Undenkbar! Okay, so ein Haus und einen solchen «Hotelier» haben weder ich noch meine Leser nötig. Ich drehe mich auf dem Absatz um und verlasse den Ort des Grauens.
Kein Anschluss unter dieser Nummer…
Meine Strategieänderung, vor dem Besuch sicherheitshalber nochmals anzurufen, ist auch nicht überall von Erfolg gekrönt. Aber ich lasse nicht locker und telefoniere mir die Finger wund – und komme nicht dazu, mir den Mund fusselig zu reden. Denn dazu müsste man erst einmal einen Hotelier – ebenfalls in besagtem Unterwalliser Seitental – erreichen. Da scheint es ein Nest von Dilettanten zu haben…
Die Hochsaison läuft gerade an, das Hotel muss also offen sein. Aber ich kann tagelang zu jeder erdenklichen Tageszeit anrufen: Es nimmt niemand ab!! Mein E-Mail läuft selbstverständlich auch ins Leere. Zuerst will ich die Leute ohne Ankündigung aufsuchen, finde dann aber, dass ein unerreichbares Hotel nichts in meinem Buch zu suchen hat.
Was mich jedoch immer wieder amüsiert, ist die anfängliche Abwehrhaltung einiger Hoteliers. Sie hätten kaum Zeit, ob ich denn nicht nach der Saison kommen könnte. Nein! Kann ich nicht! Über 50 Hotels besucht man organisiert und ganz sicher nicht in der Nebensaison. Dann sind nämlich alle Hoteliers in den Ferien oder das Haus wird gerade umgebaut. Als ich – während der Hochsaison – eintreffe und mit den Direktoren erste Worte wechsle, ändert die Stimmung schnell. Plötzlich haben sie alle Zeit der Welt, wollen mir 20 Zimmer zeigen, Sauna und den Skikeller noch dazu… Alles im grünen Bereich – aber wieso nicht von Anfang an so?
Sture Böcke…
Nur ein Mittelwalliser taute während meines Besuchs nicht auf. Ganz im Gegenteil! Dass die Erwähnung im Buch kostenlos sei, findet er sehr suspekt… Und mit der Geschichte seines Hauses wollte er plötzlich nichts mehr zu tun haben, obwohl es noch historische Ecken und Winkel hat. Die Debatte entwickelt sich zunehmend ins Hitzige… Ich bezahle meinen Kaffee und gehe. Wer nicht will, der hat schon…
Ein anderer Hotelier erklärt mir, das Haus werde in zwei Wochen wegen Renovation geschlossen. Hätte er mir ja auch vor meinem Besuch sagen können! Dann hätte ich nicht bis fast nach Italien fahren müssen… Aber ich bin nun mal da und frage naiv, wann denn das Hotel wieder öffne. – Keine Ahnung. – Wie bitte?! – Das wisse er nicht, ich solle in der Gemeindeverwaltung nachfragen. Grrr… Totales Desinteresse! Ich bin platt!
Hoffentlich hilft Weiterbildung…
Es begegnen mir unorganisierte Hoteliers, bei denen man sich echt fragt, wie sie überhaupt ein Hotel führen können. Das Sahnehäubchen erreicht mich dann im Herbst in Form einer Pressemitteilung, wonach man Walliser Hoteliers eine Aus- und Weiterbildung anbiete… Bingo! Offensichtlich ist das Problem erkannt! Die müssen nämlich erst mal lernen, was das Wort Gast bedeutet! Also mit «die» meine ich natürlich ausschliesslich die schwarzen Schafe… Allerdings bringt man mit denen doch eine kleine Herde zusammen… ;-)
Aber da sind auch all die netten, zuvorkommenden und cleveren Hoteliers, die sich sogar am Nationalfeiertag (da herrscht Hochbetrieb!) – ohne mit der Wimper zu zucken – für mich Zeit nehmen. Wären diese «weissen Schafe» nicht gewesen – ich glaube, ich wäre verzweifelt. Doch sie haben es immer wieder geschafft, mir die Tage zu vergolden und weiterhin an das Resultat zu glauben.
Und jetzt ist das Buch geschrieben, gedruckt und im Buchhandel erhältlich. Wow!
Titel: Historische Gast-Häuser & Hotels Wallis
Autorin: Inge Jucker
Verlag: Hoffmann Verlag GmbH
ISBN: 978-3-942659-11-6
Preis: CHF 29.90
© Inge Jucker, TravelExperience.ch
Hinterlasse einen Kommentar