
Foto: © Lalique/Gilles Pernet
Ich wollte hier direkt mit der Beschreibung dieses aussergewöhnlichen Hauses im Elsass loslegen, aber dann wurde mir klar, dass ich wohl besser ein wenig aushole. Nicht jeder kennt René Lalique bzw. seine Kunstwerke und die Geschichte zum Haus.

Inhalt
Wer ist René Lalique?
Er war einer der bedeutendsten Schmuckdesigner des französischen Jugendstils – und das schon als Dreissigjähriger. Er liess sich von der Natur inspirieren und kannte keine Hemmungen, Gold mit Glas, Email oder Perlmutt zu kombinieren. Stets ging es ihm darum, «etwas zu schaffen, was man noch nie gesehen hat». Das ist ihm wahrlich gelungen, insbesondere an der Weltausstellung von 1900, die heute als Höhepunkt seines Schaffens als Schmuckhersteller angesehen wird. Zu dieser Zeit beschliesst der Künstler, sich künftig mit Glas als Werkstoff zu beschäftigen.

Glas in seiner Perfektion
Es dauert nicht lange, beherrscht er auch dieses Metier. Es entstehen Pendülen, Vasen, Skulpturen und mehr Dinge aus Glas, die er in Paris verkauft. Auch für den Parfümeur François Coty wird er tätig und entwirft wunderschöne Flacons. Als Meister der Art-déco-Glaskunst gründet er 1921 in Wingen-sur-Moder im Elsass seine Glasfabrik. Schon ein Jahr zuvor lässt er sich in der Nähe der Fabrik ein Riegelhaus bauen, damit er eine Unterkunft hat, wenn er in Wingen weilt.

Für René Lalique reiht sich Erfolg an Erfolg. Als er 1945 stirbt, übernimmt sein Sohn Marc das Unternehmen und modernisiert die Glasfabrik in Wingen-sur-Moder. Gleichzeitig führt er ein, dass nun statt Glas, Kristallglas verarbeitet wird. Marcs Tochter Marie-Claude führt später das Werk ihres Grossvaters und Vaters fort, amtet als Kreativdirektorin und bringt wieder die Parfums ins Spiel. 1992 wird «Lalique Parfums» lanciert.

Auferstehung alter Mauern
2008 kommt der Schweizer Financier Silvio Denz ins Spiel, der oft auf sein Bauchgefühl hört. Der Parfum-Abteilung von Lalique geht es mittlerweile nicht mehr so gut, weshalb man nach einem Käufer sucht. Denz interessiert sich dafür. Doch unversehens muss er sich entscheiden: Alles oder nichts! Der sympathische Financier und sein Bauchgefühl entscheiden sich für alles und so ist er plötzlich auch Besitzer einer Glasfabrik. Er bringt den ganzen Betrieb wieder auf Vordermann. Erfolgreich. 2010 schreibt Lalique wieder schwarze Zahlen.

Irgendwann stellt Denz fest, dass auch das ehemalige Wohnhaus von René Lalique zu seinem Besitz gehört. Weil er Erfahrung im Umbauen alter Villen hat, liegt es nahe, dass er auch dieses Haus saniert. Und wie…!

Die Authentizität und die Struktur, quasi die Seele des Hauses, sollten erhalten bleiben, weshalb am Äusseren der Villa im Grundsatz nichts verändert wurde. Das Innenleben hat jedoch eine Generalsanierung erlebt. So wurde beispielsweise die Holztreppe, die in die oberen Stockwerke führt, originalgetreu nachgebaut. Die alte wäre nicht mehr sicher gewesen.

Die Innenarchitekten Lady Tina Green und Pietro Mingarelli kümmern sich schliesslich um die Einrichtung. Beide sind auch im Bereich Möbel und Dekorationsaccessoires von «Lalique Maison» tätig, der 2011 gegründet wurde.

Exklusivität hat einen Namen
Über einen modern Vorbau mit Rezeption betrete ich nun also das ehemalige Wohnhaus meines Lieblingsglaskünstlers. Helle Teppiche, angenehmes Licht, riesige Hortensienblüten und Callas in Lalique-Vasen, edle Möbel mit Glas-Details… In der Lounge erkennt man mehr oder weniger alle Elemente der Kollektion «Lalique Maison» wieder.

In der schön ausgeleuchteten Bar stehen herrliche Karaffen, die Lalique u. a. einst für den Whisky-Produzenten Macallan und die Cognac-Hersteller Hardy und De La Tour schuf. Das Erdgeschoss wirkt insgesamt sehr edel und einladend, mit hohem Wohlfühlfaktor.

Ich steige die schwarze Treppe – den Nachbau vom Original – hinauf in den ersten Stock. Hier befinden sich die Suiten «Hirondelles», in Rot gehalten, mit dem Emblem der Lalique-Schwalben und einst von René Lalique selbst bewohnt; weiter die Suite «Rose», ein floraler Traum in Pudertönen, «Zeila» mit dem berühmten Panthersujet, das von Marie-Claude Lalique entworfen wurde, und «Dahlia» in Beige- und Elfenbeintönen.

Soll mich bloss keiner fragen, welche Suite die schönste ist… Sie sind alle umwerfend! Vielleicht zwei, drei Kleiderbügel mehr in den Schränken könnte nicht schaden, aber das ist auch schon alles, was dem kritischen Auge aufs erste auffällt. Gut, erst wenn man darin wohnt, wird klar, ob die Exklusivität auch ihre praktischen Seiten hat…

Im zweiten Stock befinden sich zwei weitere Suiten: «Dragon» mit dem Schuppentier als Emblem auf nachtblauem Grund und – die grösste Suite – «Masque de Femme». Dabei handelt es sich um eine Duplex-Suite mit zwei Schlafräumen und einem Wohnzimmer. Der Name erklärt sich durch das Paneel, das René Lalique schuf und darin seine Vorstellung vom Wesen der Frauen einfing. Ich bin sehr beeindruckt von diesen Räumen und weiss jetzt, dass Exklusivität einen Namen hat: Lalique.

Doch das ist ja noch nicht alles! Lies in den anderen Beiträgen weiter – über den riesigen Weinkeller und das Gourmetrestaurant sowie über die Glasmanufaktur. Die entsprechenden Links findest Du ganz unten.
Infos zur Villa Lalique
Villa René Lalique
18 rue Bellevue,
67290 Wingen-sur-Moder
Elsass, Frankreich
Tel. +33 388 71 98 98
villarenelalique.com
ANREISE
Mit dem Auto: von Strassburg her auf der A4 Richtung Paris: Ausfahrt Nr. 46; von Paris her auf der A4 nach Strassburg: Ausfahrt Nr. 43
GPS-Daten: Breitengrad: 48.918667, Längengrad: 7.365107
Mit dem Zug: Ab Strassburg TGV-Bahnhof oder Bahnhof Saarbrücken bis Wingen-sur-Moder.
Im Park der Villa steht auch ein Helikopter-Landeplatz zur Verfügung.
PREISE
«Zeila» ist die günstigste Suite, kann ab 350 Euro/Nacht (2 Personen) gebucht werden. Die teuerste Suite, «Masque de Femme», kostet ab 1200 Euro/Nacht (bis 4 Personen). Preisangaben ohne Gewähr.
ÖFFNUNGSZEITEN
Hotel und Restaurant sind jeweils am Dienstag und am Mittwoch geschlossen, das Restaurant ist ausserdem auch am Samstagmittag zu.
MUSÉE LALIQUE
40, Rue du Hochberg
F-67290 Wingen-sur-Moder
www.musee-lalique.com
2011 eröffnete das Museum Lalique, das am Standort der ehemaligen Glashütte Hochberg eingerichtet wurde. Sie war bis ins 19. Jahrhundert in Betrieb. Das Museum ist für Lalique-Liebhaber geradezu ein Muss. In Vitrinen und Schaukästen lagern Schmuckstücke, aber auch verschiedene Glaskunstwerke und insbesondere 230 Parfümfläschchen, die eine Leihgabe aus der Sammlung von Silvio Denz sind. In einem interessanten Film wird die Herstellung der Vase «Bacchantes» gezeigt. Wie viel Handarbeit für jedes Werk benötigt wird, erstaunt wohl so manchen Zuschauer. Neben der permanenten werden auch wechselnde Ausstellungen gezeigt. Die jeweiligen Themen sind auf der Homepage vermerkt. Zum Museum gehören prächtige Gärten und ein Café.
Wenn Sie jetzt einen Blick hinter die Kulissen werfen möchten, habe ich ein paar Bilder für Sie bereit: Die Glasmanufaktur Lalique.
© Text & Fotos (wo nicht anders vermerkt): Inge Jucker | TravelExperience.ch | 2015 | 2021
Offenlegung: Mein Dankeschön geht an Silvio Denz, der den exklusiven Einblick ermöglicht hat.
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